Ein Klassentreffen nach 68 Jahren

Bereits zum 12. Mal trifft sich die Glindower Schulklasse von 1947 zum Klassentreffen – das Dutzend ist voll!

Werder (Havel), 19. Juni 2023 – Als wir am 21. Mai im Hotel zur Insel eintreffen, sind einige Gäste bereits da. An diesem sonnigen Sonntag finden parallel die Werder Classics an der Regattastrecke statt, die Insel ist voller Menschen. Nichtsdestotrotz war der Termin an diesem Sonntag um 15.30 Uhr fest im Terminkalender notiert, schließlich gab es etwas ganz besonderes zu feiern. 

Klaus Nadler aus Werder (Havel) hat den Kontakt zu Wir sind Werder gesucht und uns erzählt, dass er ein ganz besonderes Klassentreffen organisiert. Der 83-Jährige wurde 1947 eingeschult, acht Jahre später haben er und seine Klassenkameraden die Schule verlassen. 18 Jahre später, im Jahr 1973, fand das erste Klassentreffen statt. Dieses sollte eine wunderbare Tradition einleiten, die zunächst alle zwei Jahre, dann alle drei Jahre und schlussendlich alle fünf Jahre stattfand. 

In diesem Jahr fand das Klassentreffen nach 68 Jahren Schulentlassung auf Werders Insel statt. Sechs ehemalige Klassenkameraden kamen noch einmal zusammen, einige haben ihre Ehepartner mitgebracht. Die Freude über das Wiedersehen war bei allen Anwesenden groß, es gab jede Menge zu erzählen. Mit größter Freude wurden alte Fotos angeschaut und gemeinsam gerätselt, wer wen darauf erkennt. 

Als besondere Überraschung hatte Klaus Nadler noch Geschenke für alle dabei – jeweils einen prickelnden Prosecco vom Weinbau Dr. Lindicke und einen Wein von Schultz’ens Siedlerhof. „Ich bedanke mich ganz herzlich bei den beiden Sponsoren“, freut sich Klaus Nadler. (wsw)

Klassentreffen nach 68 Jahren Schulentlassung – von Klaus Nadler

Im Jahr 1947 wurden wir in Glindow eingeschult. Die Schule steht heute noch an der Dr.-Külz-Straße/Ecke Glindower Dorfstraße und es wird nach wie vor dort unterrichtet. 

In der 1. Klasse waren wir über 40 Schülerinnen und Schüler. Wir waren die B-Klasse. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde Deutschland in vier Besatzungszonen aufgeteilt und Berlin in vier Sektoren. In Deutschland wurden die Trümmer des Krieges beseitigt. Lebensmittel gab es nur mit Lebensmittelmarken (Brot, Milch, Fette, „Fleisch“ etc.) Textilien und Schuhe auf Punktekarten, Brennstoffe auf Kohlekarten.

Es war eine harte Zeit. Wir Kinder hatten alle nicht viel. Es gab keine besonders gut gekleideten Kinder. Es gab kein Mobbing wegen eventueller Markenklamotten. Unsere Kleidung war manchmal geflickt, gestopft, aber bei allen immer sauber. 

Die selbstständigen Obstzüchter (Mucker) bekamen keine Lebensmittelmarken, sie waren Selbstversorger. Es blühte der Tauschhandel.

Doch zurück zu unserer Einschulung. Auf jedem Platz der Schulbank lagen zwei Kekse und ein Stück Fondantkonfekt. Woher diese Süßigkeiten kamen, ist wohl nicht mehr festzustellen. Jedenfalls wurde die Schultüte mit etwas Süßem gefüllt. 

Unsere Klassenstärke veränderte sich im Laufe der Jahre. Manche blieben noch ein Jahr in der 1., 2. oder 3. Klasse – ab der 4. Klasse kamen Kinder aus Plessow und Neu Plötzin hinzu. Wir entwickelten uns zu einer eingeschworenen Truppe.

Was es wohl bis heute nicht mehr gibt, wir erhielten ab der 2. Klasse eine Lehrerin, die unsere Klassenlehrerin bis zur 8. Klasse und somit bis zur Schulentlassung wurde. Natürlich unterrichteten uns auch andere Lehrer, z.B. in Mathematik, Gegrafie, Biologie, Chemie und natürlich in der Fremdsprache „Russisch“.

Unsere Klassenlehrerin hieß Frau Ahlschweig, später verheiratete Karsch. Im Laufe der Jahre kannte sie jeden einzelnen von uns – sie durchschaute uns, anschwindeln war zwecklos. Wir verehrten und respektierten sie wie eine gute Freundin.

Frau Karsch war dann auch unser Ehrengast beim 1. Klassentreffen 1973. Sie wohnte und lehrte zwischenzeitlich in Königs-Wusterhausen. 

Dieses erste Klassentreffen und viele folgende organisierte unsere ehemalige Mitschülerin Christa Joaneck, geborene Winkler. Das erste Klassentreffen fand noch ohne Angehörige statt. Wir mussten uns erstmal wieder kennenlernen. Besonders die „Mädchen“ haben sich ja sehr verändert, aus Kindern wurden Frauen und Mütter. Es war ein gelungenes Wiedersehen nach 18 Jahren, denn manche hatten einen anderen Wohnort als Glindow. 

Es folgten viele Klassentreffen, die Christa organisierte, in der Folge alle zwei bis drei Jahre, später alle fünf Jahre. Ab 2005 unterstützte ich (Klaus Nadler) Christa bei der Organisation. Dann sollte 2020, nach 65 Jahren, wieder ein Klassentreffen stattfinden. Alles war vorbereitet, dann schlug Corona zu und alles war vorbei. 

Nun wollen wir es nach 68 Jahren nochmals versuchen, ein Wiedersehen zu organisieren. 

Bei den Klassentreffen waren naturgemäß nicht alle anwesend, sechs Schülerinnen und Schüler haben nie teilgenommen aus den unterschiedlichsten Gründen. Aber der Rest war der harte Kern. Leider tickt die biologische Uhr bei jedem anders. So haben uns liebgewonnene Klassenkameraden, bis dato zehn, für immer verlassen. 

Leider haben wir zu zwei Mitschülern keinen Kontakt aufnehmen können. Doch vielleicht wird jemand ja durch diesen Beitrag aufmerksam. 

Es ist unser 12. Klassentreffen, das Dutzend ist voll. Ob es noch ein weiteres Treffen geben wird? Wir alle sind optimistisch, die Hoffnung stirbt zuletzt. (Klaus Nadler)

Mehr News

ANZEIGE

X
X