Werder(Havel), 11.Juli 2022– Da ist sie endlich“ – Antonia Weinhardt steht am 7. Juni mit einem selbst- gemalten Schild am Flughafen BER und schaut vorfreudig auf die Schiebetüren. Der Flieger aus El Salvador ist schon gelandet und der Moment des ersten Sehens in Live, also nicht via Facetime, ist endlich gekommen. Immer wenn sich die Türen öffnen – erwartungsvolle Blicke – und dann kommt Mariana auf die Familie zu. Zwar etwas müde, aber bester Laune. Vierzehn Stunden ist die Dreizehnjährige alleine aus ihrer Heimat, dem Departamento La Libertad in El Salvador, angereist, wohnt nun drei Wochen bei den Weinhardts in Werder und besucht in der Zeit die 6. Klasse der Töplitzer Grundschule. „Den ersten Kontakt zur Familie haben wir im Februar dieses Jahres aufgenommen und eigentlich war es bis zum Schluss nicht zu 100 Prozent klar, ob es auch wirklich alles klappt“, erzählt Mama Katharina Weinhardt. Zustande gekommen ist alles durch eine ehemalige Schulfreundin von Papa Gunnar. Bereits seit einigen Jahren arbeitet Melanie Seeger aus Glindow als Lehrerin an der „Deutschen Schule San Salvador“. Hier besucht Mariana aktuell die 8. Klasse. Der Lehrplan der Privatschule sieht für jeden Schüler dieser Altersstufe einen Auslandsaufenthalt vor. Dass an der Schule auch Fächer wie Mathematik auf Deutsch gelehrt werden, merkt man sofort, wenn man sich mit Mariana unterhält – Deutsch beherrscht sie fast auf Muttersprachniveau – die Sprachbarriere ist also kein Problem. „Das Sprachniveau ist wirklich stark und macht es für uns und auch Lehrer und Freunde natürlich einfacher, mit Mariana ins Gespräch zu kommen“, lacht Katharina. Auf dem Weg nach Werder staunt Mariana über die mehrspurige Autobahn „So stelle ich mir die Zukunft vor“, erklärt sie.
Dank der warmen Temperaturen muss sie sich nicht lange akklimatisieren und so klingelt am nächsten Morgen auch schon der Wecker und es geht in die Töplitzer Inselschule.Dass sie dort direkt von den 200 Schüler*innen begrüßt wird, war im ersten Moment ein kleiner Schock. Genau an dem Tag versammelten sich nämlich alle auf dem Schulgelände, um die Siegerehrung vom Sportfest zu machen. Da ließ es sich der stellvertretende Schulleiter Herr Wäschke natürlich nicht nehmen, die weitgereiste neue Schülerin vorzustellen. „Ich wurde sehr lieb und herzlich von allen in der Schule empfangen“, ist Mariana dankbar. Mit Antonia an ihrer Seite konnte sie sich schnell an das ungewohnte Umfeld gewöhnen. „Hier hat man viel mehr Freiheiten als bei uns in El Salvador. Man kann sogar das Schulgelände alleine verlassen“, antwortet sie auf die Frage, was ihr am besten an der Schule hier gefällt. In ihrer Schule zu Hause undenkbar, schließlich zählt ihr Heimatland aufgrund hoher Mordraten und viel Bandenkriminalität zu einem der gefährlichsten Länder weltweit. Die Schule ist entsprechend gesichert, das Gelände abgeriegelt und überall gibt es Kameras. Im Unterricht hat Mariana keine Schwierigkeiten mitzuhalten: „Eigentlich habe ich das schon alles zu Hause gelernt.“ Umso größer ist die Freude über die kreativen Angebote, wie zum Beispiel Töpfern – so etwas würde sie sich an ihrer Schule auch wünschen. Dass sie sich hier wohlgefühlt hat, zeigte sie allen Anwesenden beim großen Abschlusskonzert der Schule, bei dem auch Mariana ein Gedicht zum Besten gab. Neben den vielen Eindrücken in der Schule waren auch die Nachmittage mit tollen Erlebnissen gespickt. Fußball, Reiten und Shopping standen auf dem Plan und im Garten in den Havelauen wurden fleißig Flickflacks gemacht, um nicht aus der Übung zu kommen. Als Turnerin sorgt Mariana mit ihrem Können für staunende Augen und Applaus. Die Mädels verstehen sich gut, Mariana hat zwar auch ihren eigenen Rückzugsort im Haus, meistens jedoch sind sie zusammen in Antonias Zimmer. Bei beiden stehen Serien und Filme mit Schauspieler Elyas M`Barek hoch im Kurs die treffen anscheinend den internationalen Nerv bei jungen Damen 😉
Natürlich standen auch Besuche in Potsdams Park Sanssouci und Berlin auf der Agenda. Eine Tour mit dem E-Scooter vorbei am Brandenburger Tor hat Mariana besonders beeindruckt und auch der Blick vom Fernsehturm über die Hauptstadt wird ihr sicherlich noch lange in Erinnerung bleiben. Bei einem Currywurst-Stopp fand sie dann auch ihr deutsches Lieblingsgericht. „Königsberger Klopse finde ich aber auch sehr lecker“, erzählt sie. Wenn sie wieder zu Hause ist, freut sie sich besonders auf „Pupusas“ – eine Art Tortilla, gefüllt mit Käse und Bohnen. Am letzten Wochenende vor der Abreise war der Besuch bei den „Titanen der Rennbahn“ ein krönender Abschluss der drei Wochen in Werder.
„Es war wirklich eine tolle Erfahrung für unsere ganze Familie“, ist Katharina ein bisschen wehmütig darüber, dass die drei Wochen schon vorbei sind. Antonia und Mariana sind sich einig und wollen in Kontakt bleiben. Und wer weiß, vielleicht kreuzen sich die Wege der beiden Mädchen noch einmal, wo auch immer auf dieser Welt. (wsw)