Werder(Havel), 29.März 2022- Der Leiter des Hilfskonvois, Stefan Marten, atmet durch als er und das Team endlich wieder in Werder ankommen. „Alles hat geklappt, alle sind heil zurück. Und wir haben noch ein ganzes Stück mehr hinbekommen, als wir anfangs dachten.“ Drei Tage zuvor hatten sich zwei voll beladene Lkw und zwei Begleitfahrzeuge der Feuerwehr mit Spenden von Werderaner Bürgern, Ärzten und Apothekern auf den Weg nach Przemyśl gemacht. In der Nacht zum Donnerstag war er wieder zurück, und zwar nicht leer.
Nach Prüfung und Sicherung der Ladung ging es direkt auf die Autobahn in Richtung Frankfurt (Oder). „Die erste größere Pause haben wir zum Auffüllen der Tanks und Kraftstoffkanister um 6 Uhr in Krakau eingelegt“, erzählt Stefan Marten. Auf der A4 habe sich der Konvoi dann weiter in Richtung Przemyśl bewegt. Die 60.000-Einwohner-Stadt ist nur wenige Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt und einer der wichtigsten ersten Anlaufpunkte für ukrainische Flüchtlinge. „Die Autobahn war voller Hilfskonvois aus Großbritannien, Frankreich und Belgien aber auch aus vielen deutschen Bundesländern, Katastrophenschutz und Feuerwehrfahrzeuge aber natürlich auch viel Militär“, erzählt Stefan Marten. Gegen 11.30 Uhr dann endlich die Autobahnabfahrt von Przemyśl – das Ziel war allerdings noch nicht ganz erreicht. Nachdem das erste Logistiklager für Spenden bereits überfüllt war, recherchierten die mitgereisten Sprachmittler nach einer Alternative. Dort angekommen wurden die medizinischen Hilfsgüter aus Werder gleich für den Transport nach Kiew vorbereitet. Alles andere kam zum Einsortieren auf die Laderampe. Dann folgte der zweite, ungewissere Part des Konvois: Die Werderaner wollen einige Flüchtlinge mit zurück nach Deutschland nehmen.
Die ukrainischen Flüchtlinge reisen zu Zehntausenden in Przemyśl an und werden zunächst im Bahnhof der Stadt und in einem leergeräumten Einkaufszentrum aufgenommen und registriert. An beiden Standorten werden sie vom polnischen Grenzschutz und der Polizei beschützt. „Während die Lkw-Fahrer Pause machen konnten, sind wir mit den beiden Mannschaftstransportwagen der Feuerwehr zu dem Einkaufszentrum gefahren. Man muss sich das wie den Werderpark ohne Waren vorstellen“, sagt Stefan Marten. „Die Polen haben dort alles hervorragend organisiert und tun alles, damit die Ukrainer nach den traumatischen Erlebnissen nicht auch noch zum Opfer von Menschenhändlern werden. Die Atmosphäre im Einkaufszentrum sei dennoch angespannt und bedrückend. „Man spürt, dass ein paar Kilometer weiter Krieg herrscht.“ Andererseits sei die Hilfsbereitschaft groß, auf dem Parkplatz duftet es nach den Schnellküchen von Indern und Spaniern. Ein verbreiteter Snack auf dem Gelände seien getrocknete Maiskörner mit Salz. In den Schaufenstern hängen Fahnen europäischer Länder. Je nach dem in welches Land die Flüchtlinge weiterreisen möchten, dienen die Läden als Sammelpunkt. Der Trupp aus Werder erklärte mit Hilfe der Sprachmittler im „deutschen Laden“,dass Flüchtlinge mitgenommen werden können und in Werder medizinische Versorgung und Unterkunft besteht. Eine sechsköpfige Familie aus Odessa, seit zehn Tagen auf der Flucht, meldete Interesse an, außerdem eine alleinstehende Frau und eine Mutter mit zwei Kindern. Die gründliche Registrierung der Flüchtlinge durch die polnischen Sicherheitskräfte sollte dann aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen. „Nach etwa vier Stunden konnten wir uns am Mittwochnachmittag auf die Rückreise begeben“, berichtet Stefan Marten. Währenddessen wurden in Werder die Unterkünfte bei zwei Privatleuten und auf dem Blütencamping Riegelspitze hergerichtet.
Gegen zwei Uhr trafen dann alle bei der Plessower Feuerwehr ein. Wenige Stunden später waren die Flüchtlinge sicher in Werder untergebracht. „Die Teilnehmer des Konvois machten sich nach den anderthalb Tagen erstmal in die Federn“, so Stefan Marten.
Bürgermeisterin Manuela Saß und der 1. Beigeordnete Christian Große dankten den Werderanern für ihre große Spendenbereitschaft und allen an der Aktion Beteiligten für ihren Einsatz. „Von der Vorbereitung mit der polnischen Botschaft und der Kommune Przemyśl über das Einsammeln der Spenden bis hin zur Fahrt, der Organisation vor Ort und der Rückfahrt war das eine Klasse Leistung“. Christian Große nannte beispielhaft für die Unterstützung die Firma L.S Sicherheitsdienst GmbH und die Firma Haveltrans aus Werder, die zwei Lkw und vier Kraftfahrer für die Aktion bereitstellte.
Manuela Saß abschließend: „Ein starkes Zeichen der Werderaner Hilfsbereitschaft ist es, dass der Konvoi nicht leer nach Werder zurückgekehrt ist. Die Stadt wird weitere ukrainische Flüchtlinge aufnehmen. (wsw)