“Mein großes Ziel ist die Kastration von Freigänger-Katzen.“

Werder (Havel) OT Glindow, 27. Januar 2021 – Es ist ruhig im Katzenheim vom Berliner Katzenschutz e.V. in der Ziemensstraße in Glindow. „Wir haben unseren Vermittlungsstopp bis zum 31. Januar verlängert“, erklärt uns Harry Kindt bei der Begrüßung. Vom 7. Dezember bis zum 10. Januar sind die Türen in Glindow für Besucher normalerweise jedes Jahr geschlossen. In dieser Zeit werden keine Tiere vermittelt. „Katzen gehören nicht unter den Weihnachtsbaum, deshalb haben wir in dieser Zeit immer zu.“ 

Durch die Corona-Maßnahmen wurde der Vermittlungsstopp verlängert. „Wir beraten aber die Interessenten gerne am Telefon. Eigentlich wäre heute auch die Tierärztin hier, aber zum Glück sind alle unsere Katzen gesund“, freut sich der Leiter des Katzenheims. Und es gibt noch einen Grund zur Freude: Alle Babys wurden vor dem 7. Dezember 2020 vermittelt, die Babystation – übrigens die erste Katzenbabystation Deutschlands, die 2005 eröffnet wurde – ist leer. „Im vergangenen Jahr haben wir insgesamt 29 Katzenmamas im Glindower Katzenheim aufgenommen, 12 Katzen haben bei uns geworfen und 18 Muttertiere konnten anschließend vermittelt werden, manche sogar mit ihren Babys. Die anderen Katzen wurden nach der Kastration zum Teil wieder zurück zu ihren Futterstellen gebracht. Man kann nicht alle Tiere sozialisieren“, erklärt Harry Kindt. Die 138 Babykatzen konnten allesamt erfolgreich vermittelt werden. „So ein Glück hatten wir noch nie!“ 

Wir wollten wissen, ob dies möglicherweise an der Pandemie liegt: „Ich denke schon, dass die Vermittlung im vergangenen Jahr so gut lief, weil viele Menschen zu Hause waren“, so Harry Kindt. „Ich befürchte jedoch, dass es vor allem bei Hunden einen großen Rückgabeboom geben wird, sobald die Menschen wieder mehr reisen können. Dann passt ein Tier doch nicht mehr in den Alltag. Katzen sind nicht so abhängig von Menschen wie Hunde, deshalb rechnen wir hier mit weniger Rückgaben. Aber wir sind darauf vorbereitet und werden nicht überrascht sein, wenn es passiert. Leider sind während der Pandemie auch viele Tiere kaputt gegangen. Durch die Ausgangsbeschränkungen waren die Menschen nicht mehr so viel draußen und dann wurden verletzte oder kranke Tiere nicht rechtzeitig gefunden. Nach der ersten Lockerung waren wir innerhalb von 14 Tagen proppenvoll.“ 

Zur Zeit leben 68 Tiere im Glindower Katzenheim, Halbstarke und ältere Katzen. Doch nicht alle von ihnen suchen ein Zuhause, manche Tiere leben schon seit Jahren in Glindow und bleiben auch hier. Etwa die Hälfte der Katzen benötigt Intensiv-
pflege, diese Tiere werden auch nicht vermittelt. „Viele Menschen wollen einen Garantieschutz von uns, dass das Tier 100 Jahre gesund bleibt. So etwas gibt es natürlich nicht“, so Harry Kindt. Er erinnert sich an einen ganz besonderen Kater: „Felix wurde damals in Neukölln gefunden. Er wurde mit Säure überschüttet, seine Hinterläufe und seine rechte Gesichtshälfte waren blankes Fleisch, er hatte kein Fell mehr. Nachdem ein Tierarzt in Neukölln erste Hilfe geleistet hatte, kam Felix nach vielen weiteren Operationen über verschiedene Wege zu uns. Wir haben dann die Presse eingeschaltet, das Echo war groß. Viele haben gesagt, sie nehmen Felix sofort, wenn es ihm wieder besser geht. Felix hat das Fell einer toten Katze erhalten, was auch angewachsen ist, nur wurde das Fell um 180° gedreht, sodass es nach vorne wächst“, schmunzelt Harry Kindt. „Jedenfalls hat am Ende niemand Felix genommen. Allen tut eine behinderte Katze zwar leid, aber haben möchte sie keiner. Dann habe ich ihn behalten.“

Auch wenn Felix ein extremes Beispiel ist, ein Einzelfall ist sein Leiden dennoch nicht. „Wir bekommen manchmal auch Katzenbabys im Karton über den Zaun geworfen, ohne Luftlöcher. Wenn es dann draußen besonders kalt ist und wir die Tiere erst am nächsten Morgen finden, sind die Babys an ihrem eigenen Kot festgefroren. Tiere in verantwortungsvolle Hände abzugeben, ist keine Schande, dafür muss man sich nicht schämen. Man kann auch einfach bei uns klingeln, ohne die kleinen Kätzchen so zu quälen.“ 

Doch trotz aller kleiner und großer Sorgen, auch verbunden mit der Corona-Pandemie, war 2020 für den Berliner Katzenschutz e.V. ein gutes Jahr. „Wir hatten im letzten Jahr großes Glück, dass wir dauerhaft gute Spenden bekommen haben, darunter Futterspenden, Sachspenden und auch dringend benötigte Geldspenden. Mit allen Fixkosten kommen wir im Monat auf 11.000 Euro, das Geld muss erstmal reinkommen. Zum Glück erhalten wir jeden Monat einen Betriebskostenzuschuss in Höhe von 5.000 Euro von Aktion Tier. Sonst könnten wir das nicht stemmen. Wir hatten das eine und andere Mal Kopfzerbrechen, wie wir die Gehälter am Ende des Monats bezahlen können. Aber irgendwie haben wir es immer geschafft. Das macht uns natürlich stolz“, freut sich Harry Kindt. „Zusätzlich sind zwei Werderaner Firmen auf uns zugekommen, die unentgeltlich wichtige Arbeiten auf unserem Gelände übernommen haben. Wir leben auf einer ewigen Baustelle und machen eigentlich alles selbst. Um so mehr haben wir uns über diese tolle Unterstützung gefreut!“

Einen großen Wunsch für die Zukunft hat Harry Kindt: „Mein größtes Ziel ist die Kastration von Freiläufern. Die Vermehrung von frei lebenden Katzen zu verhindern, ist ein Kampf gegen Windmühlen. Aber wir geben nicht auf! Man darf nicht vergessen, dass jedes Tierleid immer die Ursache menschlicher Verantwortungslosigkeit ist. In Berlin wird gerade überlegt, die Kastrationspflicht einzuführen. Ich hoffe so sehr, dass das auch wirklich umgesetzt wird und Brandenburg nachzieht. Werder soll sagen: Wenn Berlin das macht, machen wir das auch! Das Paderborner-Modell hat in Deutschland bereits Schule gemacht. Dieses Tierschutzgesetz sieht vor, dass alle Katzenbesitzer, die ihren Tieren Freigang gewähren, verpflichtet sind, die Katze/den Kater zu kastrieren. Es ist schon zehn Jahre her, dass es nur im Mai und im Herbst Katzen gab. Durch das milde Klima werden Katzen bis zu viermal im Jahr rollig, es gibt von Januar bis Dezember Katzenbabys. Es würde viel Elend ersparen, wenn man dem unkontrollierten Vermehren endlich Einhalt gebieten könnte.“  

Wir wünschen Harry Kindt und seinem ganzen Team, dass auch in diesem Jahr so viele Katzen wie möglich vermittelt werden können, dass die Spendenbereitschaft nicht nachlässt und dass die Kastrationspflicht auch hier bei uns eingeführt wird. (wsw)