Mein Werder (206): Martina Müller

Kurz & Knapp

Name: Martina Müller
Alter: 63
Wohnort: Werder (Havel) OT Petzow
Wie lange leben Sie schon in Werder? seit 33 Jahren
Haben Sie Kinder? Ich habe drei wundervolle Kinder.

Über unsere Blütenstadt Werder (Havel)

Wie würden Sie Werder einem Fremden beschreiben?
In Werder findet man Natur, Wasser und Wald. Wo hat man das alles schon zusammen? Das hat nicht jede Stadt.

Was arbeiten/machen Sie so den lieben langen Tag?
Ich bin bei der Ernst von Bergmann Sozial gGmbH angestellt und als Leiterin der Tee- und Wärmestube in unserem schönen Werder tätig. Ich kümmere mich gemeinsam mit unseren tollen Ehrenamtlern um Menschen, denen es finanziell nicht so gut geht und die am Rande der Gesellschaft leben.

Was würden Sie lieber machen?
Ich wusste im Vorfeld, worauf ich mich einlasse. Es ist die schönste Arbeit, die man haben kann, und meine Erfüllung. Ich bin mit lieben Menschen zusammen, und auch wenn es mal schwierig wird, habe ich mir nie eine andere Arbeit vorstellen können. Ich weiß, dass ich etwas bewirken kann. Und das ist der schönste Lohn überhaupt.

Haben Sie einen Lieblingsort in Werder – verraten Sie uns wo?
Ich habe viele Lieblingsorte: meinen Garten, meine Wohnung, mein Zuhause. Ich bin überall gerne, wo meine Familie und meine Freunde sind. Ein ganz besonderer Lieblingsort von mir liegt allerdings nicht in Werder, sondern in der Schweiz, dort lebt nämlich meine kleine Enkeltochter.

Wo muss ein Gast unserer Stadt unbedingt gewesen sein?
Auf jeden Fall sollte man einmal die Bismarckhöhe erklimmen und den Blick schweifen lassen. Und die Insel ist natürlich auch im Herbst und im Winter immer einen Besuch wert. Und ich würde jedem empfehlen, auch mal nach Petzow zu kommen. Vor allem der Haussee hat im Nebel am Morgen etwas ganz besonders Mysthisches.

Rummel oder Muckergarten? Wo ist Ihr Lieblingsort auf der Baumblüte?
Ich bin kein klassischer Baumblütengänger, aber ich habe drei Rituale: Jedes Jahr gehe ich mit unseren Ehrenamtlern einmal über die Blüte, gerne in die Obstgärten. Dann fahre ich noch mit meinem Mann nach Potsdam, steige in den Dampfer und fahre auf dem Wasserweg zurück zur Insel. Dort angekommen, statten wir jedes Jahr dem gleichen kleinen, gemütlichen Café einen Besuch ab und beobachten die vielen Blütenbesucher. Und drittens kaufe ich immer zur Baumblüte meine Blumen, zum Beispiel Orchideen, auf dem Plantagenplatz. Der Verkäufer vom Blumenwagen kennt uns schon.

Und welchen Obstwein bevorzugen Sie?
Ich trinke eher selten Obstwein, aber wenn dann Holunder.

Sie – ganz speziell

Seit 2001 gibt es die Tee- und Wärmestube nun schon in Werder, seit April 2014 am neuen Standort mitten in der Stadt. Sie sind von Anfang an dabei. Wie hat sich Ihre Arbeit in den vergangenen fast 20 Jahren hier in Werder verändert?
Nach dem Umzug der Tee- und Wärmestube von Glindow ins Werderaner Stadtzentrum, wurden wir von der Öffentlichkeit natürlich besser wahrgenommen. Wir können hier alles unter einem Dach bieten, sozusagen das Komplettpaket. Neben der Ausgabestelle der Tafel bieten wir auch allgemeine Beratungen an, bei uns finden die Klienten Kleidung und – was das Wichtigste ist – immer ein offenes Ohr. Wer die Treppenstufen zu uns runter in die Tee- und Wärmestube schafft, hat den ersten wichtigen Schritt schon mal getan. Den weiteren Weg gehen wir dann gemeinsam.
Wenn man die Werderaner braucht, sind sie da, da muss man meist nicht lange um den heißen Brei rumreden. Und auch aus den umliegenden Ortsteilen und von der Kirche erreicht uns Unterstützung. In den ersten Jahren mussten wir uns selbst erst einmal finden, doch im Laufe der Zeit hat sich ein tolles Netzwerk entwickelt. Wir haben engen Kontakt zum Jobcenter, zur Suchtberatung und zu Vermietern.

Können Sie uns einen kleinen Überblick über die Klienten der Tee- und Wärmestube geben?
Unser Publikum ist bunt gemischt, vom Baby bis zum Senior. Und das Schöne ist, die Generationen sitzen alle gemeinsam an einem Tisch. Was sich da manchmal für Gespräche entwickeln, glaubt man gar nicht 🙂

Wer kommt aus welchen Gründen zu Ihnen?
Jeder, der zu uns kommt, hat ein eigenes Schicksal. Ob man durch eigenes Verschulden, durch plötzliche Arbeitslosigkeit oder zum Beispiel durch eine Suchterkrankung in eine Notlage gekommen ist – die Menschen sollen wissen, dass es uns gibt und sie jederzeit zu uns kommen können. Meine Erfahrung zeigt mir, dass jeder in diese Situation kommen kann.
Wir unterstützen unsere Klienten darin, selbst einen Weg aus der Not zu finden – Hilfe zur Selbsthilfe. Bei dem einen dauert es länger, zurück auf den eigenen Füßen zu landen, bei dem anderen geht es schneller. Einige Menschen begleite ich schon viele Jahre lang und ich bin so dankbar, dass ich oft auch ein Teil der Familien werden durfte.

Welche (sozialpädagogischen) Angebote gibt es für die Klienten der Tee- und Wärmestube?
Wir unterstützen unsere Klienten beim Ausfüllen von Anträgen, bei der Beantragung von Sozialhilfe und Arbeitslosengeld 1 und 2, wir beraten bei Sucht- und Drogenproblemen sowie bei Schulden und bieten Hilfestellung bei der Wohnungs- und Arbeitsplatzsuche. Ich kenne recht viele Arbeitgeber in der Region und da kann man schnell mal anrufen und Leute vermitteln. Und die Bereitschaft unter unseren Klienten, etwas zu tun und sich untereinander zu helfen, ist ebenfalls enorm.

Seit vielen Jahren veranstaltet die Tee- und Wärmestube ein traditionelles Weihnachtsessen …
Am 23. Dezember ist es wieder so weit. Gemeinsam mit unserem großzügigen Unterstützer, Herrn Dr. med. Mario Hubatsch aus Potsdam, können wir seit vielen Jahren schon in der Vorweihnachtszeit zum Entenessen einladen. Viele Klientinnen sind bei Herrn Hubatsch in Behandlung und fühlen sich in der Betreuung zum beispiel während der schwangerschaft ser wohl. Und so hat sich dann im Laufe der Zeit ein enger Kontakt und diese schöne Tradition entwickelt. Das Weihnachtsessen wird auch immer sehr gut angenommen. Für die kleinen Gäste bereiten wir allerdings Chicken Wings und Nuggets vor, die Lütten essen Ente nicht so gerne. Dafür freuen sie sich umso mehr auf die kleinen Weihnachtsgeschenke, die es an diesem Tag gibt. Die PST GmbH hier aus Werder hat uns erst kürzlich eine Spende überreicht, davon können wir Geschenke für die Weihnachtsfeier kaufen. Generell ist die Hilfsbereitschaft vor Weihnachten immer sehr groß. Uns haben bereits viele Sachspenden und Süßigkeiten erreicht.

Sie und Ihre Mitarbeiter kommen während Ihrer Arbeit mit vielen Schicksalsschlägen in Berührung. Nehmen Sie die Sorgen und Probleme der Klienten mit nach Hause?
Man muss lernen, abzuschalten. Ich habe eine tolle Familie und Freunde, die mich unterstützen und die mir Halt geben. Es gibt natürlich Schicksale, die man mit nach Hause nimmt, gerade wenn es um Kinder geht. Aber die Professionalität ist hier entscheidend.
Ich habe immer gesagt: Wenn ich bestimmte Dinge nicht mehr verkraften oder verarbeiten kann, gehe ich in Rente. Und dieser Punkt ist jetzt erreicht. Im nächsten Jahr höre ich mit der Arbeit hier in der Tee- und Wärmestube auf. Ich habe eine wunderbare Zeit hier gehabt und durfte wundervolle Menschen kennenlernen. Man sollte sich viel öfter gemeinsam hinsetzen und einfach miteinander reden. Das kommt in der heutigen, schnelllebigen Zeit einfach viel zu kurz. Aber bald habe ich dafür ja genug Zeit 🙂

Können Sie uns etwas zu der Unterstützung der Tee- und Wärmestube durch die Stadt Werder (Havel) sagen?
Die Stadt war immer da, wenn wir sie gebraucht haben. Als einmal unser Auto, mit dem wir die Lebensmittel für die Tafel abholen, kaputt ging, reichte ein Anruf und das Auto wurde schnell und unbürokratisch repariert.

Was wünschen Sie sich für das kommende Jahr?
Ich wünsche mir, dass sich alle Beteiligten, die für die Tee- und Wärmestube verantwortlich sind, gemeinsam an einen Tisch setzen und eine optimale Lösung finden, sodass die Tee- und Wärmestube auch in Zukunft erhalten bleibt. Die finanzielle Sicherung der Einrichtung muss gewährleistet werden. Die Verantwortung sollte hier nicht nur beim Träger liegen. Vielleicht finden sich ja auch Handwerksbetriebe, die uns bei kleineren Arbeiten zur Hand gehen könnten.
Ich muss auch nochmal betonen, dass man die Arbeit meiner Ehrenamtler nicht oft genug loben kann. Was diese Menschen leisten, ist einfach unglaublich. Ohne sie würde die Tee- und Wärmestube nicht funktionieren. Ihr seid einfach klasse!

Neben Lebensmitteln werden auch immer wieder Dinge des täglichen Lebens benötigt. Was wird denn im Moment am dringendsten gebraucht?
Die Werderaner wissen schon ganz gut, was wir brauchen. Viele Spender begleiten uns schon viele Jahre lang. Immer benötigt werden Bettwäsche, Handtücher, warme Schuhe und Kleidung für alle Altersstufen. Am besten ist, man ruft vorher kurz an und fragt uns einfach.
Ich möchte mich auch nochmal persönlich bei den vielen Menschen aus Werder und dem Umland bedanken, die uns in guten und in schlechten Zeiten immer unterstützend zur Seite standen.

Was wir sonst noch wissen wollen …

Wenn Sie drei Wünsche frei hätten, welche wären das?
Ich wünsche mir ganz viel Zeit für meine Familie und mein geliebtes Enkelkind. Dann wünsche ich mir, dass die Zeit nach der Tee- und Wärmestube spannende Momente und Begegnungen für mich bereithält, und ich möchte noch lange mit meinem Mann so tolle Ausflüge/Reisen unternehmen.

Welche berühmte Person würden Sie gern einmal treffen?
Mich interessieren berühmte Personen nicht. Für mich zählen die scheinbar kleinen, unbedeutenden Leute. Diese haben meist die größte Erfahrung und werden zu Unrecht nicht gehört.

Welches Buch liegt auf Ihrem Nachttisch?
Das Kinderbuch „Die Reise nach Sundevit“ von Benno Pludra.

Haben Sie Vorbilder? Welche und warum?
Ich sage immer: Ich würde mich vor keinem König verneigen, aber habe Hochachtung vor jeder schwangeren Frau.
Und ich bin meinen Eltern für alles dankbar, was sie mir mit auf den Weg gegeben haben.

Haben Sie einen Lieblingsfilm oder -serie?
Dirty Dancing und Inspector Barnaby

Haben Sie ein verborgenes Talent?
Ich koche ganz gut und gerne. Seit 14 Jahren fahren wir regelmäßig nach Ägypten und von dort bringe ich mir immer wieder neue Gewürze und Rezepte mit.

Lieben Sie Tiere? Wenn ja, Katze oder Hund?
Als die Kinder klein waren, hatten wir Meerschweinchen, Kaninchen, Vögel, einen Chinchilla … Uns war es wichtig, dass die Kinder mit Tieren aufwachsen. Unsere Familie bereicherte auch 17 Jahre lang ein Pudel. Hunde mag ich sehr, allerdings dürfen sie nicht zu groß sein.

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