„Mein Werder“ (33): Frank Kleber

Frank Kleber baut kleine mechanische Kunstwerke: Armbandchronographen.

Kurz und knackig

Name: Frank Kleber
Alter: 47
Wohnort/Ortsteil: Werder OT Bliesendorf
Seit wann sind Sie in Werder zuhause? – Seit 2005

Haben Sie Kinder oder möchten Sie gerne welche haben? 1 Sohnematz, der 15 ist.

Was arbeiten/machen Sie so den lieben langen Tag?
Ich baue kleine mechanische Kunstwerke, die eigentlich keiner braucht, aber viele gern hätten. Ich mach‘ Armbandchronographen.

Was würden Sie lieber machen?
Dieser Beruf ist so schön, dass ich eigentlich nichts anderes machen würde wollen. Auch ein Lottogewinn, wenn ich ihn hätte, würde daran nichts ändern. Uhrmacherei ist nicht einfach so ein Beruf, sondern für mich eher eine Berufung.

Über unsere Blütenstadt Werder (Havel)

Wie würden Sie Werder einem Fremden beschreiben?
Werder ist aus meiner Sicht ein kleines idyllisches Örtchen mit vielen interessanten Ecken, in dem man genießen, entspannen und sich wohlfühlen kann. Es hat die Ruhe und Stressfreiheit, die man sich wünscht. Werder ist nicht aufdringlich und fordernd, es läd eher ein, Kraft zu tanken und mal abzuschalten.

Haben Sie einen Lieblingsort in Werder? Wo und Warum?
Ich sitze sehr gern mit meiner Frau am Wasser in Werder, oder wir spazieren durch die Kleingartensparte. Auch bin ich gern bei Herrn Gröninger im Schmuckatelier auf der Insel. Es ist die Ruhe und Ausgeglichenheit, die einem überall begegnet. Genau das, was man braucht, um kreative Gedanken zu entwickeln.

Welche ist Ihre Lieblings- Jahreszeit und warum?
Jede Jahreszeit hat ihre schönen Zeiten. Für mich ist die schönste Jahreszeit allerdings der Frühling. Wenn die ersten Frühblüher aus dem Boden schauen und die Sonne das erste Mal richtig wärmt, einfach schön. Die Vorfreude, wieder die Gartenmöbel und den Sonnenschirm auf die Terrasse zu stellen und am Wochenende bei Sonnenschein zu frühstücken, das sind  Frühjahrs-Highlights für mich. Und dann die Baumblüte in Werder, sowohl das eine als auch das Fest an sich.

Wo muss ein Besucher unserer Stadt unbedingt gewesen sein?
Natürlich im Frühjahr zum Baumblütenfest. Obstwein trinken und die Werderschen Gärten genießen. Aber auch auf der Insel Fisch essen oder einfach nur dort spazieren. Werder hat viele kleine Eckchen, die man für sich entdecken kann, wenn man möchte.

Über Sie!

Gelernt haben Sie das Uhrmacherhandwerk nicht – erzählen Sie uns von Ihrem doch ungewöhnlichen Werdegang bis zur ersten „Kleber“?
Oh, da könnte ich sehr viel schreiben, aber das wäre dann zu viel.
Richtig, gelernt im eigentlichen Sinne mit einer Lehre usw. habe ich es nicht. Ich bin gelernter Industriekaufmann und habe schon mein ganzes Leben damit zugebracht, geschickt handwerklich unterwegs zu sein. Uhren haben mich von frühester Kindheit fasziniert.
Und irgendwann kam ich zu einer alten, kleinen Armbanduhr, die nicht mehr ging. Und da kam mir die Idee und Herausforderung, diese alte Armbanduhr selbst zu reparieren. Das ist nun ca. 17 Jahre her. Also habe ich mir die ersten Werkzeuge besorgt und aus kaputt ganz kaputt gemacht. Was sicherlich nicht sonderlich schön war.
Ich habe dann den fachkundigen Rat einiger Uhrmacher der Region gesucht und gefunden, parallel Uhrmacherausbildungsbücher besorgt und gefühlt 100mal gelesen, und durch ehrgeiziges Üben und Probieren doch geschafft, nach Monaten die erste Uhr zu reparieren.

Im Freundeskreis hatte sich das natürlich herum gesprochen und so kamen dann die ersten Anfragen von Freunden, ob ich in die alten Schätze derer mal schauen könnte, ob da nicht was zu machen ist. Als auch das dann gelang und immer mehr Werkzeug und die ersten kleinen Maschinchen in meine Räume gelangten, wuchs der Aufgaben- und Anfragebereich immer weiter. Dann kamen die ersten Anfragen zur Teileherstellung verschlissener oder gar nicht mehr vorhandener Teile.

Alles lief ca. 10 Jahre so und entwickelte sich immer weiter. Es kamen die ersten Anfragen von fremden Menschen mit ihren alten Uhren, die da was hörten. Und zum Schluss habe ich die kompliziertesten Teile gemacht, Gehäuseteile hergestellt, Uhrengläser gefräst, Schrauben gedreht, kaputte Schalthebel nachgebaut und und und.

Der Moment kam dann 2010, da hatte ich die Idee, eine eigene Uhr zu bauen. Also habe ich dann die Reparaturen weitestgehend eingestellt und mich mit der Entwicklung der eigenen Uhr beschäftigt. Ich habe viel gezeichnet und konstruiert und dann war es soweit. In Zeichnung lag sie da, die eigene Uhr. Also ging es daran, diese Uhr zu bauen.
Im Internet habe ich nach nächtelangem Suchen die ersten Hersteller für z. B. Gehäuse und Zifferblätter gefunden, zu denen ich danach überall hinfuhr und die Zusagen bekam, mein Projekt zu unterstützen. 2011 war der Moment gekommen. Ich hielt meinen ersten Armbandchronographen in Händen.
Den 2. Step in Sachen Uhrmacherberuf erfuhr ich 2013, als ich mein Können der Kreishandwerkerschaft in Potsdam vorlegte. Man hörte sich in einem Vortrag an, was ich bis dato uhrmacherisch gemacht hatte und kam danach sofort zu dem Entschluss, mich als Uhrmacher in die Handwerksrolle zu Potsdam einzutragen und bestätigte mir, dass ich mich ab sofort Uhrmacher nennen darf. Auch das war ein erhebendes Ereignis meiner „Uhrmacherlaufbahn“.

Sie haben 2013 beim renommierten „Uhren-Magazin“, das mit der „Goldenen Unruh“ einen der wichtigsten Preise für die besten mechanischen Uhren der Welt verleiht, den fünften von zehn Plätzen in der Kategorie „Uhren bis 5000 Euro“ errungen und haben etablierte Hersteller von Luxusuhren überholt. Was ist das Besondere an ihrer ausgezeichneten „Clubtime Vigour“?
Das war mit Sicherheit für mich ein sehr bedeutendes Ereignis.

2011 präsentierte ich meine erste Serie, die Clubtime Classic. 2012 kam als Erweiterung die zweite Serie, Clubtime Vigour. Diese Uhr hatte den Unterschied, das man den Aufzugszustand der Uhr auf dem Zifferblatt mittels Zeiger ablesen konnte. Ich fand diese Uhren schon immer so schön, aber ich konnte Sie mir nie leisten, deshalb baute ich diese Erweiterung dann ein.
Dieses Uhrenmodell „Vigour“ fand ich so schön gelungen, das ich bei den Initiatoren der „Goldenen Unruh“ anrief und fragte, welche Voraussetzungen gegeben sein müssten, damit ich da auch mitmachen könnte. Man war da im ersten Step erstmal verblüfft, da man mich nicht kannte, aber nach einigem Informationsaustausch bekam ich grünes Licht. Also startete ich 2013 in der Kategorie B mit 93 weiteren weltführenden Uhrenmarken. Und was soll ich sagen, ich habe auf Anhieb den 5. Platz belegt.

Das Besondere an dieser Uhr scheint im Betrachter zu liegen. Vielen Uhrenfreunden hat diese Uhr einfach gefallen. Deshalb habe ich so viele Stimmen bekommen. Natürlich könnte ich über die Formensprache und Zifferblattgestaltung in Verbindung mit der Anordung der Uhrenfunktionen sprechen, das diese Uhr zu etwas Besonderem macht, aber das Wichtigste ist und war zu diesem Zeitpunkt der Uhrenwahl der Uhrengeschmack der Anderen.

Sie „bauen“ Uhren für Menschen, die etwas Einzigartiges am Handgelenk tragen wollen und bereit sind, dafür auch einen entsprechenden Preis zu bezahlen. Wie lange arbeiten Sie an einem Modell? Und wie viele Einzelteile sind da verbaut?
Man sitzt schon eine ganze Weile an einer Uhr. Durchschnittlich vergehen je nach Uhrenmodell zwischen 80-200 Stunden, bis ich sie fertig in Händen halte. Teiletechnisch betracht, abhängig vom Modell, besteht das Uhrwerk aus ca. 200-260 Teilen.

Was sind die wichtigsten Teile einer Uhr?
Die wichtigsten Teile einer Uhr kann man gar nicht so leicht beschreiben. Wenn auch nur ein Teil im Uhrwerk fehlt bzw. nicht richtig funktioniert, geht die ganze Uhr nicht bzw. nicht richtig.

Haben alle Ihre Uhren einen Handaufzug?
Mittlerweile gibt es vier Serien aus meiner Fertigung. Drei davon sind Handaufzugsuhren und eine Serie, die „Clubime Move“ Serie macht eine Ausnahme, diese ist mit automatischem Aufzug. Dieser automatische Aufzug ist ein auf das Handaufzugsuhrwerk von mir aufgesetzte Modul mit handgefertigten Aufzugsrotor, an dem ich schon allein 20 Stunden sitze. Die nun im kommenden Herbst 5. Serie „Clubtime Lunar“ ist auch wieder eine Serie mit Handaufzug.

Mein Herz hängt an den Handaufziehern …

Machen Sie das alles allein oder haben Sie Angestellte in Ihrer Manufaktur?
Von der Produktentwicklung bis zur Vermarktung usw. mache ich alles allein.

Wenn man sich Bilder von Ihren Uhren ansieht – es sind richtige kleine Kunstwerke aus der Welt der Präzision. Woher kommen die Teile – oder sind da auch eigene Anfertigungen dabei?
Der Uhrmacher, der seine Uhr selbst baut, konzentriert sich in erster Linie auf das Herstellen des Uhrwerks. Ich selbst nutze ein altes schweizer Chronographenwerk der Firma Venus als Basis und bediene mich dieser Teile. Dieses Rohuhrwerk wird bei mir komplett umgearbeitet. Die Bearbeitungstiefe liegt bei ca. 95%. Die Aufsatzmodule bzw. auch die Automatikebene kommen mittlerweile aus der eigenen Fertigung. Es macht nicht immer Sinn, jedes Teil selbst zu fertigen. Uhrenteile sind teils so komplex und kompliziert hergestellt, das es spezialisierte Firmen gibt, die sich z. B. nur auf das Herstellen von Zahnradwellen spezialisiert haben.

Bei meiner Uhr sind derzeit 18 Zulieferer integriert. Die Aufzugskrone z. B. kommt aus Frankreich, die Drücker und Saphirgläser aus der Schweiz, die Gehäuse aus Deutschland usw.

Wie viele Uhren kommen pro Jahr aus Ihrer Werkstatt?
Durchschnittlich schaffe ich derzeit pro Jahr ca. 50 Uhren.

Das Herz ihrer Uhren ist das mechanische Laufwerk, haben alle ihre Modelle den Glasboden, sodass man das Laufwerk sehen kann?
Ja, unbedingt. Erstens bin ich ein Freund davon und zweitens soll man sehen, wieviel Arbeit in solch einem Uhrwerk steckt. Und immer, wenn ich in eine von meinen Uhren schaue, bin ich wieder fasziniert und selbst beeindruckt. Und das Gefühl kann teile ich gern mit Anderen.

Gibt es auch Modelle für Damen? Und wo kann man Ihre Uhren kaufen?
Spezielle Uhrenmodelle für Damen in Bezug auf die Größe der Uhr gibt es nicht. Die Uhrengröße am Damengelenk hat in den letzten Jahren sehr zugenommen. Heute trägt die Frau eher maskuline Uhren. Meine Uhren haben einen Durchmesser von 42 Millimeter und sind damit im absolut zeitlosen Größentrend. Ca. 20 Prozent meiner Kunden sind Damen und tragen diese Uhren sehr gern. Gestalterisch kann man gerade bei den Damenvarianten sehr individuell auf den Kunden eingehen. Interessante Farben, Brillantenbesatz oder Zifferblattmaterialien kommen hier in erster Linie zum Einsatz, die die Einzigartigkeit einer Anfertigung unterstreichen.

Meine Uhren können Sie direkt bei mir kaufen, bzw. wir sind deutschlandweit auf Lifestyle und Fachmessen als Aussteller präsent. Auch dort besteht die Möglichkeit, Uhren zu kaufen.

In den Fachhandel zu kommen, gestaltet sich als sehr schwierig. Dennoch haben wir es geschafft, die ersten Konzessionäre zu finden: Firma Zewi in Berlin, Kurfürstenstraße 178 oder in Baden Baden in der Sophienstraße 3 bzw. bei Mconcept in Potsdam, Mittelstraße 37.
In allen Geschäften werden derzeit kleine Kollektionen präsentiert und zum Kauf angeboten.

Wie erhalten Sie sich ein scharfes Auge und eine ruhige Hand, zwei Eigenschaften, die ja bei Ihrer Profession sicher sehr wichtig sind?
Das Auge ist eher nicht so anspruchsvoll, es ist trainiert. Wenn Sie ca. acht Stunden nur durch Lupen schauen, kann das natürlich sehr anstrengend sein. Aber nach diesen Jahren bin ich daran gewöhnt. Kaffee sollte man nicht allzu viel morgens trinken. Es gibt gewisse Arbeitsprozesse, die ich nur zu bestimmten Tageszeiten ausführe, da ich dann z. B. absolut ruhige Hände habe.

Wenn jemand eine alte Uhr zu Hause hat  – nehmen Sie auch Reparaturen an? Und können Sie auch den Wert einer Uhr feststellen?
Gern kann immer bei mir nach einer Reparatur angefragt werden.
Die Wertebestimmung einer Uhr ist nicht immer einfach und subjektiv. Der Wert ist das, was ein Andere bereit ist zu zahlen. Aber sicherlich kann ich zu 90% einschätzen, was für die ein oder eine Uhr erzielbar sein könnte.

Was wir sonst noch wissen wollen . . .

Lieben Sie Tiere? Wenn ja, Katze oder Hund?
Tiere lieben, ja. Wenn, dann den Hund. Unsere Nachbarn haben fast alle Hunde, die ich gern mag. Ich selber bin Aquariumfreund.

Haben Sie Vorbilder? Welche und warum?
In Bezug auf die Uhrmacherei gibt es einige Vorbilder, die mich inspiriert haben und ähnlich gestartet sind, wie ich. Mich beeindrucken Menschen, die handwerklich richtig was können.

Welches Buch liegt auf Ihrem Nachttisch?
Auf dem Nachtisch liegt z. Z. „die Uhrmacherschule“ ein Ausbildungsbuch aus dem 1. Lehrjahr. Ich habe ausschließlich Fachliteratur und lese keine anderen Bücher.

Haben Sie einen Lieblingsfilm oder -serie? Warum?
Meine Lieblingsfilme sind die alten James Bond 007 Filme. Tolle Autos, tolle Uhren, alles toll. Das muss damals ’ne schöne Zeit gewesen sein ….

Haben Sie ein vielleicht noch verborgenes Talent?
Ich glaube nicht, meine Frau sagt immer zu mir, dass ich alles reparieren kann. Und das merke ich auch. Fast jeder aus meinem Umfeld ist schon zu mir gekommen und hat mir was gezeigt mit der Frage: Kannst Du das reparieren? … meistens ging es … ☺