Werder (Havel), 30. Dezember 2016 – Was vielen Menschen zu Silvester lieb und oft auch sehr teuer ist, kann für unsere Haustiere zur wahren Qual werden: explodierende Feuerwerkskörper und Böller. Dass dabei in diesem Jahr Schätzungen der pyrotechnischen Industrie zufolge 133 Millionen Euro in die Luft geballert werden, ist die Seite der Medaille und lässt die Frage aufkommen, ob so viel Geld nicht sinnvoller ausgegeben werden könnte. Fraglich ist auch, ob damit der mittelalterliche Brauch, mit Licht und Lärm böse Geister zu vertreiben, noch gemeint ist. Niemandem soll der Spaß verdorben werden, aber es lohnt sich bestimmt darüber nachzudenken, ob es nicht auch eine Nummer kleiner geht.
Den Tieren verursacht die große Ballerei zum Jahreswechsel auf jeden Fall nur eines: Stress.
Angst, Panik und Traumata können die Folge sein. Und das nicht nur, weil Hunde und Katzen ein wesentlich empfindlicheres Gehör als wir Menschen haben. Auch die Gerüche sind nicht alltäglich.
Die Tierärztin Dr. Inga Vetrella-Paare hat uns ein paar Tipps gegeben, wie wir unsere Haustiere schützen können. „Hunde sollten gegen 20 Uhr die letzte Runde drehen, um zu vermeiden, dass der Hund dem großen Lärm ausgesetzt werden muss. Lassen Sie Ihren Hund dabei an der Leine. Schon eine einzelne Rakete, die verfrüht abgeschossen wird, kann dann zur Gefahr werden“, lautet ihre Empfehlung. „Zu Hause schließen Sie bitte alle Fenster und Gardinen, wenn möglich auch die Jalousien“. Und ihr Ratschlag lautet auch, Freigängerkatzen zu Silvester im Haus zu behalten, „denn auch Katzen können panisch auf Böller reagieren“. Sogar Wellensittiche, Hamster und Kaninchen können überaus ängstlich reagieren.
„Bitte seien sie vorsichtig und lassen Sie Ihre Tiere nicht hinaus. Es entlaufen jährlich Hunderte von Tieren während der Böllerei“, warnt sie. Auch am Neujahrstag ist die Gefahr noch nicht vorbei, einzelne Knaller können immer noch zu panischen Reaktionen führen. Lassen Sie Ihren Hund auch dann noch am Besten an der Leine. Auch herumliegende Blindgänger können zur Gefahr werden – nicht anfassen und vom Hund nicht beschnuppern lassen.
Die Tiertrainerin Francis Trambowski empfiehlt, schon im Vorfeld die Tiere zu konditionieren und zu desensibilisieren, indem man beispielsweise den Lärm eines Feuerwerkes als Datei speichert und immer mal zu Hause laut abspielt. Dabei sollte man selbst den Lärm ignorieren. „Das ist eine Möglichkeit, Hunde an diesen speziellen Lärm zu gewöhnen“, meint Dr. Inga Vetrella-Paare. „Sollte der Hund aber Panik haben, wird es nicht funktionieren“.
Wer sein Tier von Anfang an gegen angstauslösende Momente schützen will, bleibt selbst richtig cool. Die Tiere begreifen schnell, dass es vielleicht nicht schön ist, wenn es knallt, aber wenn Herrchen oder Frauchen dabei ganz ruhig bleiben und die Situation ignorieren, dann kann es ja nicht so schlimm sein. Wird die Situation aber durch das eigene Verhalten verstärkt, also das Tier getröstet und ‚beschützt‘, dann wird die Angst nur zementiert und von Jahr zu Jahr wahrscheinlich noch schlimmer. Auch ältere Tiere können Schritt für Schritt noch an derartige Situationen gewöhnt werden.
Wie sieht es mit dem Tipp aus, mit dem Hund zum Jahreswechsel einfach auf der Autobahn zu fahren, bis das Schlimmste vorbei ist? – „Es ist eine Möglichkeit, aber das kann man ja nur machen, wenn man selbst nicht in Feierlaune ist“, schmunzelt Vetrella-Paare.
Sollte man die Angst des Hundes ignorieren – nach dem Motto „Ist doch alles nicht so schlimm“ – oder sollte man die Angst ernst nehmen und den Hund beruhigen? „Die Angst sollte man ernst nehmen, beruhigen würde aber als Bestätigung der Angst vom Hund interpretiert werden. Am besten man gibt dem Hund einen Angstlöser und versucht, ihn zu ignorieren, solange er sich durch die Angst nicht in Gefahr bringt“, lautet die Empfehlung der Tierärztin.
Übrigens: Beruhigungsmittel sollten nur in ganz schlimmen Fällen gegeben werden, denn „die beruhigen zwar das Tier, aber es bekommt trotzdem alles mit, sodass es von Jahr zu Jahr zu einer Verschlechterung der Symptomatik kommen kann“, warnt sie. Besser wäre es, angstlösende Medikamente zu geben. Die gehören allerdings ausschließlich in die Hände der Veterinärmediziner. Dazu können Sie sich in der Tierarztpraxis beraten lassen.
Und eine kleine Bitte von Dr. Inga Vetrella-Paare: „Spenden Sie das Geld, das Sie für Böller ausgeben würden, lieber an einen Tierheim … Die Tiere da brauchen Hilfe!“ (red)
Nicht nur Heimtieren jagt das Silvesterspektakel Angst ein. Wildtiere leiden ebenso unter dem ungewohnten Lärm- und Blitzgewitter. Mitten in der Nacht werden sie aus dem Schlaf gerissen und suchen panisch das Weite. Es dauert oft Tage und Wochen, bis die Tiere wieder in ihr normales Verhalten zurück finden. So manche kopflose Flucht endete durch eine Auto- oder LKW-Kollision tödlich. Doch selbst wenn sie nicht verunfallen, zehren Stress und Angst massiv an den sowieso knappen Kraftreserven. Durch die ungewohnte Störung werden wichtige Energiereserven unnötig verbraucht, die im Winter – vor allem bei notorischem Futtermangel und kalten Temperaturen – überlebensnotwendig sein können. Der Landestierschutzverband fordert deshalb dazu auf, keine Raketen und Feuerwerkskörper in Waldgebieten, Parkanlagen und anderen Rückzugsräumen von Wildtieren und Vögeln abzufeuern. Auch grüne Ruhezonen in Städten, wo insbesondere Singvögel noch eine Zuflucht finden, müssen von dem Feuerwerksspektakel verschont bleiben, fordert der Verband.