Neben dem Fahrradfahren zählt Schwimmenlernen zu den ersten großen Meilensteinen im Leben.
Werder (Havel), 14. August 2023 – Fragt man die Werderanerinnen und Werderaner, warum sie gerne in der Blütenstadt leben, ist es meist die Nähe zum Wasser, die das Leben hier so lebenswert macht. Doch das kühle Nass birgt besonders für Kinder und Menschen, die nicht (gut) schwimmen können, große Gefahren.
Im vergangenen Jahr sind im Land Brandenburg 22 Menschen ertrunken, der Großteil war 50 Jahre oder älter. Doch immer wieder ertrinken auch Kinder und Jugendliche in den heimischen Gewässern. Viele Eltern schicken ihre Kinder aus diesem Grund zu einem Schwimmkurs und wiegen sich beim Aushändigen des Seepferdchens in trügerischer Sicherheit.
Es wird empfohlen, dass Kinder frühestens im Alter von fünf Jahren einen Schwimmkurs mit abschließendem Seepferdchen-Abzeichen beginnen, da in diesem Alter in der Regel alle Voraussetzungen (ausreichende Größe, kognitive Fähigkeiten) vorhanden sind.
„Mit dem Erlangen des Seepferdchens sind Kinder in der Lage, sich kurzzeitig schwimmend über Wasser zu halten. Viele Eltern müssen hier sensibilisiert werden, da sie denken, mit dem Seepferdchen kann das Kind sicher schwimmen, dies ist allerdings nicht so“, erzählt uns Andreas Graff vom DLRG. „Erst ab Bronze (Freischwimmer) redet man vom sicheren Schwimmen. Im allgemeinen raten wir dazu, Kinder nur an offiziellen und möglichst bewachten Stränden schwimmen zu lassen.“
Nun sind die Schwimmkurse sehr beliebt und die Plätze entsprechend rar. Wir wollten von Andreas Graff wissen, ob es zwingend notwendig ist, sich für das Schwimmenlernen einen Profi an die Seite zu holen: „Schwierige Frage. Wenn Eltern selbst gut schwimmen können und wissen, worauf es ankommt, ja dann können sie es ihren Kindern auch selbst beibringen. Ansonsten kann ich den Eltern nur raten, das Kind schon einmal ans Wasser zu gewöhnen bevor es zu den ‚Profis‘ beim Schwimmkurs kommt. Wenn das Kind schon seinen Kopf unter Wasser bringen oder unter Wasser die Augen öffnen kann, hat es im Kurs schon gute Voraussetzungen.“
Doch nicht nur für Kinder kann das Wasser gefährlich werden. Es ertrinken nicht nur Nichtschwimmer, sondern auch erfahrene Schwimmer. Dies kann laut DLRG an der eigenen Selbstüberschätzungen liegen, manchmal ist auch Alkohol im Spiel oder der Körper ist von der Sonne so überhitzt, dass der Kälteschock im Wasser zum Ertrinken führen kann. Ebenso können medizinische Notfälle, wie z.B. Krämpfe, Kreislaufprobleme oder Epilepsie, auch die besten Schwimmer ganz plötzlich ereilen.
Sollte man mitbekommen, dass jemand im Wasser in Not geraten ist, sollte man versuchen, die Person an Land zu ziehen – ohne sich selbst in Gefahr zu bringen – und umgehend einen Notruf absetzen. „Des Weiteren dann die folgenden Punkte: Ansprechen, ruhig auch an den Schultern rütteln, wenn die Person nicht ‚aufwacht‘, Hilfe (eine zweite Person) herbeirufen, den Kopf überstrecken und die Atmung überprüfen, wenn keine Atmung, dann Notruf alarmieren lassen und Herz-Lungen-Wiederbelebung starten, wenn die Person atmet in die stabile Seitenlage legen“, so Andreas Graff abschließend.
Kinder dürfen in und am Wasser nie unbeaufsichtig gelassen werden. Und damit ist nicht nur der See gemeint, sondern auch Badewannen, Regentonnen oder Planschbecken. Haben Sie schon einmal den Begriff „Aufmerksamkeitsparadoxon“ gehört? Er beschreibt das Phänomen, dass Kinder unbemerkt ertrinken, obwohl sich Erwachsene in unmittelbarer Nähe befinden, zum Beispiel bei Gartenpartys, im Schwimmbad oder an Badeseen.
Viele Erwachsene sind vor Ort und somit könnten eigentlich viele Augen die Kinder im Blick haben. Da sich aber jeder insgeheim auf den anderen verlässt, lässt das Gefahrenbewusstsein des einzelnen nach und am Ende passt keiner auf und die Kinder können unbeobachtet verloren gehen.
In solchen Momenten sollten Eltern – wenn sie zum Beispiel doch einmal kurz weggehen müssen – direkt jemanden ansprechen, der für diese Zeit die Verantwortung für die Kinder übernimmt und sie im Auge behält. Und diese Aufsicht sollte nicht ein anderes Kind übernehmen, sondern ein Erwachsener.
Und auch Badesitze, Schwimmflügel, Schwimmwesten, Bojen-Anzüge und andere Schwimmhilfen sind kein zuverlässiger Schutz vor dem Ertrinken. Prinzipiell müssen Kinder immer beaufsichtigt werden, wenn Wasser in der Nähe ist.
Übrigens: Badebekleidung in knalligen Neonfarben kann im Notfall ein Lebensretter sein, da sie unter Wasser besser gesehen wird als Badebekleidung in gedeckten Farben. (wsw)