Die Störung der Totenruhe ist kein Kavaliersdelikt!
Werder (Havel), 10. März 2023 – Auf einem Friedhof zu randalieren ist das letzte! Hierzu gibt es keine zwei Meinungen. Dennoch scheinen sich in letzter Zeit die Vorfälle auf dem Neuen und dem Alten Friedhof in Werder (Havel) zu häufen. In den sozialen Medien werden immer wieder Beiträge gepostet, in denen betroffene Angehörige öffentlich ihrem Ärger Luft machen. Pflanzen werden von Gräbern entwendet, Blumengestecke beschnitten, Hecken herausgerissen oder Dekorationen gestohlen. Selbst vor Kindergräbern machen die Übeltäter nicht Halt.
Auf Nachfrage bei der Stadt Werder (Havel) teilte man uns mit, dass der wiederholte Vandalismus auf dem Alten und Neuen Friedhof der Stadtverwaltung bekannt sei. „Die Beschädigungen von Grabstellen sind ungeheuerlich. Die Störung der Totenruhe ist ein Straftatbestand, das ist kriminell“, heißt es in dem Antwortschreiben.
Die Stadt hat die Polizei über die verstärkten Delikte informiert und empfiehlt Nutzern dringend, bei Diebstählen oder Beschädigungen ihrer Grabstellen Anzeige zu erstatten. Durch die Stadt selbst wurde eine Anzeige wegen der Beschädigung des Sowjetischen Ehrenmals veranlasst. Wie bei jeder anderen Sachbeschädigung oder Schmiererei an städtischem Eigentum zahlt die Stadt 1000 Euro Belohnung für Hinweise, die dazu führen, die Täter dieser Beschädigungen dingfest zu machen.
In den vergangenen Monaten gab es aufgrund der Vorkommnisse zusätzliche Streifen des Ordnungsamtes in dem Bereich. Die Friedhöfe werden künftig nachts verschlossen, dafür laufen aktuell letzte Vorbereitungen.
Wir sind Werder hat bei der Polizeidirektion West nachgefragt, ob es eine Statistik über die Straftaten auf den Friedhöfen gibt. „Grabstätten sind oft Ausdruck liebevoller Erinnerung und Orte des Gedenkens an Verstorbene, die von den Angehörigen sorgsam gepflegt und geschmückt werden. Gerade deshalb werden Diebstähle von Ausstattungsgegenständen, Grabschmuck und Blumen für Betroffene noch einmal schlimmer erlebt, als dies bei oder an emotional weniger aufgeladenen Gegenständen oder Orten der Fall ist. Diebstähle von Gräbern sind nicht nur pietätlos, sie können als Diebstahl gem. § 242 StGB und auch als Störung der Totenruhe gem. § 168 StGB verfolgt werden. Zum Schutzbereich gehört auch die Begräbnisstätte mit Zubehör sowie deren Bepflanzung. Jeder Diebstahl vom Grab, seien es Pflanzen oder andere Grabgegenstände, die sich auf dem Grab befinden sowie jede Zerstörung des Zubehörs fällt unter diesen Straftatbestand. Der Gesetzgeber sieht hierfür empfindliche Strafen vor. Die Täter festzustellen ist aber oft schwierig“, heißt es von Seiten der Pressestelle.
Und weiter: „Nach Auswertung der polizeilichen Anzeigen- und Einsatzstatistik, ist der Bereich des Friedhofes in der Kemnitzer Straße in Werder (Havel) in den vergangenen Jahren kein Schwerpunkt für Diebstahlshandlungen. Insgesamt sind der Polizei mehr als zehn derartige Fälle im Jahresverlauf 2022 bekannt geworden. Leider kann die Polizeiliche Kriminalstatistik den Tatortbereich Friedhof nicht genauer eingrenzen bzw. gibt es ein entsprechendes Kriterium nicht, sodass nur mit der jeweiligen Straße entsprechende Delikte recherchiert werden könnten. Diese Auswertung liefert aber auch Sachverhalte, die in keinem Zusammenhang zum Friedhof stehen, bspw. Verkehrsunfälle mit Sachschaden oder Auseinandersetzungen im häuslichen Umfeld. Insofern habe ich für den Bereich des Neuen Friedhofes in der Kemnitzer Straße eine exemplarische Auswertung durchführen lassen und diese dann nach konkreten Bezügen zum Friedhof überprüft. Im Ergebnis stehen die mehr als zehn Taten über das gesamte letzte Jahr.“
Da zahlreiche Personen, die die Friedhöfe besuchen oft Blumenschmuck oder Grabgestecke dabei haben, ist es schwer erkennbar, ob die mitgeführten Gegenstände den Personen gehören oder von einem Grab entwendet wurden. Die Polizei bittet verdächtige Beobachtungen oder Diebstähle grundsätzlich zur Anzeige zu bringen. Die Polizei ist immer dankbar für Hinweise aus der Öffentlichkeit und wo Straftaten begangen werden, auch für entsprechende Strafanzeigen, da dadurch zum einen Ermittlungen ausgelöst werden. Zum anderen kann auf Grund entsprechender Meldungen oder Anzeigen auch die Streifentätigkeit oder die Kontrolle durch zivile Einsatzkräfte entsprechend der festgestellten Vorkommnisse verstärkt geplant werden.
Bei den Zahlen aus der polizeilichen Kriminalstatistik gilt immer, dass es sich um polizeilich bekannte, das heißt angezeigte Sachverhalte handelt. Es handelt sich auch stets nur um Verdachtsfälle und noch nicht um bewiesene Taten. Mit der Polizeilichen Kriminalstatistik wird also „lediglich“ das Hellfeld von angezeigten Taten abgebildet. Es handelt sich also um ein objektives Bild der polizeilichen Einsatzlagen, nicht aber um bewiesene Taten. Was die PKS nicht leisten kann, ist eine Einschätzung über die subjektiv empfundene Sicherheitslage abzubilden.
Auf Facebook hat eine Userin geschrieben: „Nimmst du was vom Friedhof mit, nimmst du den Tod mit.“ Vielleicht sollten sich die Randalierer diese Worte einmal zu Herzen nehmen. (wsw)