Werder (Havel), 3. April 2023 – „Lost Places“, also verlassene Orte, sind geheimnisvoll, manchmal ein bisschen gruselig. Doch auch in Werder gibt es den einen oder anderen Ort, der diesen ganz besonderen Charme versprüht. Im vergangenen Jahr haben der Heimatverein Werder (Havel) e.V. und der Werderpark gemeinsam eine Ausstellung organisiert und insgesamt sechs Gebäude vorgestellt. In unserer kleinen Reihe möchten wir auch Ihnen diese Zeitzeugen aus Stein vorstellen. Welche Geschichten erzählen diese alten Gemäuer? Wofür wurden diese stillen Riesen, die Werders Stadtbild zieren, ursprünglich gebaut? In „Verloren und Vergessen“ unternehmen wir eine Reise in die Vergangenheit, die all diese Fragen und noch ein paar mehr beantworten soll.
Wenn man über die Inselbrücke spaziert, wandert der Blick automatisch zu dem imposanten Gebäude auf der rechten Seite. An warmen Tagen tummeln sich hier kleine und große Naschkatzen vor dem Eingang des mehrstöckigen Hauses, um ein leckeres Eis zu bekommen, das im Erdgeschoss über die Theke wandert.
Einst befand sich an eben dieser Stelle in der Torstraße 10 – ehemals Hausnummer 182 – ein kleines einstöckiges Haus mit einem Laden. Wie aus späteren Annoncen hervorgeht, gründete 1882, vermutlich August Bergel, hier sein „Garderobe-Geschäft“. Sein Sohn, Emil Bergel, war ebenfalls Kaufmann und kaufte das Haus von der Witwe Szellatis ab und ließ einige Umbauten vornehmen.
Anscheinend hatte er größere Pläne und so ließ er das alte Haus im Januar 1904 abreißen und an gleicher Stelle vom Maurermeister Franz Dressler das jetzt vorhandene mehrgeschossige Wohn- und Geschäftshaus errichten. So entstand das weithin sichtbare Warenhaus Emil Bergel.
Um 1910 ist Max Jacob nach Werder in die Torstraße 182 gezogen und eine Annonce aus dem Jahr 1913 belegt, dass er zu dieser Zeit Inhaber des Warenhauses Emil Bergel war. Emil Bergel war zu diesem Zeitpunkt 55 Jahre alt.
1926 kaufte Max Jacob das schräg gegenüberliegende Haus in der Torstraße 185 (heutige Hausnummer 3). Entsprechend den vorliegenden Adressbüchern wohnte er bis 1931 noch im Bergel’schen Haus. Wie lange er noch die Geschäfte führte, ist nicht bekannt. Vermutlich hat Emil Bergel bzw. sein Sohn Paul Bergel die Geschäfte und die Leitung des Warenhauses übernommen.
Übrigens: Wie aus den Adressbüchern hervorgeht, befand sich in dem Seitenflügel der Torstraße 182a 1934 eine Lebensmittelfiliale von Bolle. Ab 1938 wird erstmalig die Heißmangel von Luise Hagemeister genannt, die noch zu DDR-Zeiten bis in die 1960er-Jahre existierte.
Im Adressbuch von 1949 wird Paul Bergel noch als Geschäftsführer genannt. Ein Jahr später jedoch, wird in der 1950 herausgegebenen Werbebroschüre „Reise- und Feriendienst für Werder a. d. Havel“ Kurt Mertsch als Betreiber des Kaufhauses genannt. Zu DDR-Zeiten befand sich hier die Konsum-Verkaufsstelle „Ton und Technik“. Lange Jahre wurde sie von dem ehemaligen Bürgermeister Curt Olschowski geleitet.
Ab 1987 zog diese Technik-Abteilung des Konsums dann in das Kaufhaus in der Eisenbahnstraße um. Anschließend befand sich hier eine Textilabteilung des Konsums.
Nach der Wende übernahm Marion Fege nach längerem Leerstand die Räumlichkeiten. Anfänglich verkaufte sie hier Geschenkartikel in Verbindung mit einem kleinen Café aus dem später das „Café an der Föhse“ wurde.
Seit September 2016 befindet sich hier nun das Eiscafé „Isola Bella“, in dem es neben Eiskreationen auch Kuchen und Kaffeespezialitäten gibt.




