Werder (Havel)/Tokio, 16. Juli 2021 – „Unsere ganze Stadt drückt Ihnen am 5. August 2021 ab 9.30 Uhr Ortszeit Werder (Havel) die Daumen und ich ganz persönlich wünsche Ihnen maximale Erfolge und vor allem, dass Sie mit Ihrer Leistung zufrieden sein werden!“ – Bürgermeisterin Manuela Saß verabschiedete in dieser Woche bei einem kleinen Empfang Christopher Linke. Der Werderaner Spitzensportler nimmt an den Olympischen Spielen in Tokio teil. Für den Weltklasse-Geher ist es nach London 2012 und Rio 2016 bereits der dritte Start bei dem größten sportlichen Ereignis der Welt. Begleitet wurde Christopher Linke bei dem Besuch bei der Bürgermeisterin von seinem Betreuer und Mental-Coach Maco Gerloff. Klaus-Dieter Bartsch, Chef des Stadtsportbundes, überreichte eine Goldmedaille „Sieger der Herzen“.
Vom 30. Juli bis zum 9. August 2021 werden die Olympischen Sommerspiele 2021 in Tokio ausgetragen, die Ausdauer-Spezialisten, zu denen Christopher Linke gehört, müssen wegen der Hitze in Tokio allerdings im 800 Kilometer entfernten Sapporo auf der Insel Hokkaido antreten. Für Linke wäre die Hitze kein großes Problem: „Es wird immer gesagt, ich wäre ein Hitzespezialist. Das stimmt nicht ganz. Richtig ist aber, dass mir die Hitze weniger ausmacht als vielen anderen Gehern. Ich kann einfach auch bei harten Bedingungen gut gehen. Ich hoffe auf harte Bedingungen“, lächelt der 1988 geborene Leichtathlet. Auf die 20 Kilometer Gehen bereitet sich Christopher Linke intensiv vor. In den vergangenen Tagen sogar in einer Hitzekammer. Bei anfangs 38, jetzt 32 Grad und einer Luftfeuchtigkeit zwischen 70 und 80 Prozent trainierte er jeweils bis zu zwei Stunden auf dem Laufband und auf dem Fahrrad. Eine Herausforderung für den Körper, der sich auch sein Zwillingsbruder Norman einmal stellte. „Er hat das erstaunlich gut gemeistert“, lobt er seinen Bruder, der keinen Spitzensport betreibt, allerdings bei der Feuerwehr aktiv ist.
Hitze ist das eine, eine entsprechende Abkühlung das andere. Fehlte es doch lange Zeit an praktikablen Lösungen. Aber die Kühlung des Kopfes ist enorm wichtig, erzählt Christopher Linke. In Zusammenarbeit mit seiner handwerklich talentierten Schwester wurden so mehrere Kappen genäht, die jeweils Raum für austauschbare Eisbeutel im Nacken und auf dem Kopf bereithalten.
„Hitzetraining ist ein bisschen wie jeden Tag Wettkampf. Das ist wichtig, denn es gab fast anderthalb Jahre keinen Wettkampf“, zeigt sich Christopher Linke extra motiviert. Hinter ihm liegt „eine Saison mit vielen Kompromissen“. So konnte er beispielsweise für ihn wichtige Höhetrainings nicht absolvieren. Aber er ist „gut drauf“, die Unterstützung von Maco Gerloff möchte er nicht mehr missen. Neben seinem Trainer Ronald Weigel, sei der ehemalige Hammerwerfer (77 Meter) Gerloff eine wichtige Stütze. Während Weigel als Bundestrainer bei den olympischen Spielen dabei sein wird, muss er auf Gerloff in Sapporo verzichten. Ohnehin seien es besondere Spiele, denn die Athleten müssten sich aufgrund der Pandemie extrem isolieren. Linke hofft, andere Sportler zumindest beim Essen treffen zu können. Auch dann aber auf Abstand. Das erschwere den Aufenthalt zusätzlich, denn in Sapporo sind ansonsten nur die Marathonläufer untergebracht. Olympisches Feeling sei eher nicht zu erwarten, wenn man sich immer nur allein im Hotelzimmer aufhalten müsse und auch Zuschauer beim Wettkampf nicht zugelassen werden. „Schade, denn gerade in Japan ist das Gehen sehr populär“, bedauert er. Tägliche PCR-Tests sind auch für die geimpften Athleten Pflicht.
Beim Wettkampf selbst hofft der Sportsoldat auf eine Steigerung. „Ich mag es, wenn es immer schneller wird.“ Schwieriger einzuschätzen sind Läufe, bei denen es gleich am Anfang Ausreißer gibt, die die Geschwindigkeit extrem steigern. Aber durch seine Vorbereitung fände er sicher sein eigenes Tempo und müsste dann einschätzen, wie er den Wettkampf gestalte. Bei Geschwindigkeiten bis zu 15 Kilometer pro Stunde geht Christopher Linke, dabei müssen immer die strengen Gehregeln eingehalten werden. 4,2 Meter pro Sekunde – eine außergewöhnliche Leistung des Werderaners.
Der SC Potsdam, dem Linke angehört, entsendet insgesamt sieben Leichtathletinnen und -athleten zu den Olympischen Spielen. Eine so große Anzahl hatte der SC Potsdam bei Olympia noch nie. Während es für Geher Christopher Linke die dritte und Nils Brembach, ebenfalls Geher, die zweite Teilnahme an Olympischen Spielen ist, sind alle anderen Neulinge.
2024 will Christopher Linke auch in Paris wieder dabei sein. „So lange ich bei den 20 Kilometern national konkurrenzfähig bin, bleibe ich dran.“ Die 50 Kilometer-Distanz, die Christopher Linke ebenfalls in vielen Wettkämpfen erfolgreich absolviert hat, ist keine olympische Disziplin mehr. (wh)